Der rechte Winkel ist die Formeinheit der Ordnung. Wenn es um die Optimierung von Stauraum, die Erschließung von Landschaft oder das Bild eines Körpers in idealen Proportionen geht, dann legt man ein Raster zugrunde. Quadrate stapeln sich zu Kubiken, die bildnerische Fläche wird zu einem Relief vor dem Hintergrund penibler Linien. In Siegfried A. Fruhaufs FUDDY DUDDY kann man so etwas wie einen Urknall sehen, bei dem die Energie aus dem Kampf der Ordnung mit dem Chaos kommt. Was immer da in den schwarzweißen Bildern aus den unsichtbaren Quellen der künstlerischen Kreativität hervorgeht, was immer sich zeigt und im Moment der Präsenz schon wieder verschwindet, es geschieht in einem Kraftfeld aus Linien. Die Linien beginnen selber zu flackern, ihnen treten, wenn das denn möglich wäre, die Augen aus den Lidern, aber sie geben nicht nach. Das Raster, die Grundlage nicht zuletzt der klassischen Ästhetik von Harmonie und Maß, beginnt zu glühen, aber es verbrennt nicht. Fruhauf macht mit FUDDY DUDDY (der Titel verweist auf so etwas wie Ordnungsfimmel, aber mit Charme) eine große kunsthistorische Linie auf, er lässt seinen Experimentalfilm aus einer Beschäftigung mit der immer implizit strukturierten Fläche der Malerei hervorgehen.
Vielleicht ist es aber auch umgekehrt, und es geht nichts hervor, sondern wir haben es einfach mit einem Film zu tun, mit dem Fruhauf eine Leinwand so heftig beschießt, bis die gewöhnlich unsichtbaren Verstrebungen dahinter zu schmelzen beginnen – ein Film auf Biegen und Brechen, in dem der rechte Winkel einen grandiosen Pyrrhussieg davonträgt. (Bert Rebhandl)


In meiner filmischen Arbeit und in der Auseinandersetzung mit dem strukturellen Film zeichne ich immer wieder "Kaderpläne", verwende Rasterstrukturen, um die Abfolge der Einzelbilder exakt zu notieren. Mir scheint das manchmal wie eine Suche nach Strukturen in einer chaotisch anmutenden Welt. Ein Werkzeug, um den Wirrnissen des Lebens entgegenzutreten und ihnen Einhalt zu gebieten. Das Medium Film erfüllt das Bedürfnis nach Orientierung. Es ist also nicht nur eine persönliche Vorliebe für eine bestimmte Arbeitsweise.
FUDDY DUDDY greift das Motiv des Rasters auf, um es in die Luft zu sprengen, in die Ordnung Unordnung zu bringen. Die visuelle Intensität attackiert verinnerlichte Strukturen, man beginnt Wahrnehmungsmuster zu hinterfragen. Das Kino fördert dabei seinen spezifischen Illusionraum zu Tage. Vom Gittergewitter auf der Leinwand wird man in eine Art Käfig gelockt. Die Dynamik steigert sich. Je mehr man versucht, sich daraus zu befreien, desto mehr verstrickt man sich darin. (Siegfried A. Fruhauf)

The right or 90-degree angle serves as a standard unit of order. Whether optimizing storage space, developing land or mapping the human body in ideal proportions, a grid serves as universal criteria. Squares stack into cubes; the pictorial surface is transformed into a relief in relation to a background of precise lines. In Siegfried A. Fruhauf´s FUDDY DUDDY, something resembling a big bang is seen, with an energy resulting from the struggle between order and chaos. Everything we see takes place within a linear force field - whatever happens in the black and white images that arise from invisible sources of artistic creativity, whatever reveals its presence the instant it disappears. The lines themselves begin to flicker. It is as if they emerge from lidless eyes - were it only possible - yet they do not give way. The crucial grid underlying classical aesthetics of harmony and measurement begins to glow, but it does not go up in flames.
Fruhauf pursues a grand art historical line with FUDDY DUDDY, while the title indicates something along the lines of a cute obsession with order. His experimental film emerges from a concern with the ever implicitly structured surface of painting. But then again, perhaps the inverse is true and nothing emerges. Instead we are simply dealing with a film through which Fruhauf has placed the screen under such an intense attack that normally invisible strut supports behind its surface begin to melt. This is a film of bending and rupture, in which the right angle carries off a magnificent Pyrrhic victory. (Bert Rebhandl)
Translation: Eve Heller

FUDDY DUDDY uses the motif of the grid to blow it to pieces. Being occupied with structural film, I repeatedly draw "frame plans," using grid structures to precisely record the succession of individual images. To me, this sometimes seems like a search for structures in an apparently chaotic world. The medium of film fulfills the need for orientation. So, then, it isn´t merely a personal preference for a certain working method. (Siegfried A. Fruhauf)


Is the image we see on screen controlled by order or is it an eruption of visual chaos? Siegfried A. Fruhauf presents a volatile and frenetically-changing painting of a grid of squares that fill the image space at different angles and in varying sizes and quantities. Drawing on the tradition of structural film, this experiment sees the director working with the materiality and space of the movie, for which the solid contours of the lines cease to be sufficient. The result is a fundamentally compelling, almost physical experience.
(Hubert Poul, Karlovy Vary Int. Film Festival 2017)